DingDängDangDonng
#Schulen seit Wochen im Lockdown
Es wird ja viel darüber berichtet, wie belastend diese präsenz lose Zeit für die Kinder ist.
Neue Worte wurden dafür kreiert, mit alten rumgeeiert und nichts Genaues weiß man zwar, sagt es aber nicht.
Ganz spontan fiel mir zu diesem Thema Herr Gr.bach ein. Da hätte der Lockdown für mich locker bis zum Ende der Schulzeit dauern dürfen, ohne dass ich Schaden genommen hätte. 100 pro. Es lag daran, dass ich in Deutsch meistens eine in Stein gemeißelte Vier kassierte. Denn Studienrat Gr.bach sagte mal zu mir: „Ohje, also wenn ich schon deinen Namen auf der Klassenarbeit sehe, dann weiß ich gleich, dass es wohl wieder eine 4 wird. Wenn überhaupt.“
Aber Schule ist ja nicht nur Deutsch, Englisch und Musik, sondern vor allem auch die kleine und große Pause, Spickzettel, mit anderen kichernd am Direx vorbeirennen und die letzten Minuten der 6. Stunde feiern.
Ich hab mich mal in meine Schulzeit zurückversetzt und da ist mir warum auch immer sofort der Tafeldienst eingefallen:
Erst musste man den tropfenden Schwamm aus dem Eimer fischen und dann beim Wischen ertragen, dass einem das kalte Kreidewasser immer wieder in den Ärmel läuft.
So, wie können wir jetzt dieses exklusiv schulische Gefühl digital nachbauen? Einfach ist es nicht.
Nehmen wir mal an, die Kinder sitzen um 8 Uhr in ihrem zoom-Klassen-Kinderzimmer mit Frau Tuchmann (oh nee, wieso macht die schon wieder die Vertretung?!!). Dann fangen wir oben links mit Lukas an.
Szenario: Der Lukas hat also virtuellen Tafeldienst und muss seinen Bildschirm einmal in der Stunde abwischen.
Parallel dazu läuft im Hintergrund die Geräuschkulisse der Tafel-App: Kreidequietschen, Wurfgeschosse aus verschiedenen Richtungen, Drohungen eines Lehrkörpers.
Aber! Jetzt bietet Lukas seinen online- MitschülerInnen ein erstklassiges Wurstbrot an, um sich vom nervigen Wischdienst freizukaufen – genau so wie er es früher in der Schule öfter probiert hat.
Marie fällt ihm ins Wort und sagt, dass sie keine gequälten Tiere isst, wie er überhaupt auf so ne bescheuerte Idee kommt. Da ihr Mikro aber auf stumm steht, hört es keiner.
Clara dagegen hat ihr Mikro wegen der Biofrage von vorhin noch auf und ruft ohne aufzuzeigen rein, dass er gerne andere verarschen kann. Wie das bitteschön gehen soll, ein virtuelles Brot essen. Er soll mal schön alleine weiter wischen.
So geht es kurz weiter, bis Frau Tuchmann (admin) alle abschaltet und in die Runde sagt, dass sie in der nächsten Stunde wohl als Erstes wieder die Gesprächsregeln thematisieren muss. Wie sich bitte alle erinnern, hängen die seit der letzten Gruppenarbeit im Juni 2020 auf DIN A2 im Klassenraum.
Gut, im Moment nicht einsehbar, aber das sei absehbar.
Man kann also bereits an dieser Stelle zusammenfassend sagen: Tafeldienst und manche Lehrkräfte sind damals wie heute medienunabhängig mehr oder weniger beliebt.
Schauen wir jetzt mal auf die weiterführenden SchülerInnen ab Klasse 6,7:
Was ist mit dieser Altersgruppe, die fürs heimliche Rauchen rund um das Schulgelände die Präsenzpflicht dringend braucht?
Die Altersgruppe, die dadurch ihre soziale Bindungen festigt und gleichzeitig grenzenlose Befreiung von den Alten inhaliert? Ja, was ist mit ihnen? Jetzt, heute, in der soundsovielten Woche des Lockdowns??
Es ist noch gar nicht abzusehen, was dieser erzwungene Verzicht besonders in der pubertären Phase für die weitere Entwicklung bedeuten wird. Auch für Lungen und Bronchien. Auch für die rauchfreien Grüppchen.
Vorschlag: Plausch- und Raucherecken während des digitalen Vormittages in der näheren Umgebung des PCs zulassen. Auch sollte es wie früher erlaubt sein, sich mit erprobten Ausreden eine kleine Auszeit zu gönnen wie zb „Ich muss mal kurz zur Toilette“, „Mir ist schlecht“ oder „Ich hab vergessen mein Rad abzuschließen“.
Dieses vertraute Schulgefühl/ wahlweise Schuldgefühl darf Kindern nicht weiter vorenthalten werden.
Aber Achtung! Sollte anderweitig Rauch aufsteigen – bspsweise aus der Küche -, ist umgehend ein Erziehungsberechtigter aus dem angrenzenden Homeoffice in Kenntnis zu setzen.
Da wir gerade beim Thema sind:
Liebe Eltern, BITTE flippt nicht gleich aus, wenn eure Kinder ihre Kaugummis auf die Tastatur kleben statt wie in der Schule üblich unter den Tisch! Es kann einfach spontaner Ausdruck einer nostalgischen Übersprunghandlung sein, nicht mehr und leider auch nicht weniger.
Bedenkt zudem: Da seit der aktiven Schulzeit schon ein paar Monate vergangen sind, ist den Kindern zielgerichtetes Handeln eventuell gar nicht mehr präsent. Mit viel Verständnis und etwas pädagogischem Geschick kann aber aus eurem vermeintlichen Drama die Chance für ein stabiles Vertrauensverhältnis entstehen.
Ja, besonders und gerade in herausfordernden Zeiten!
Ach, mir fiele noch so viel mehr ein, worauf SchülerInnen im Lockdown verzichten müssen.
Zum Beispiel die berühmten Zettelchen, die unter den Tischen weitergereicht werden und zum Schulalltag gehören wie Tintenkiller und ausgelaufene Kakaotüten. Einige antike Beispiele aus meiner Schulzeit: „Treffen wir uns heute nachmittag?“ „Kann ich Mathe von dir abschreiben?“ „Hast du Geschichte gelernt?“ „Willst du mit mir gehen? “Machen wir die 6. blau?“ „Findest du Martina auch so blöd?“ „Gerald sieht schweinemäßig gut aus oder?“
Manche Klassenkameraden, die in der Klasse was zu sagen hatten, erdreisteten sich hin und wieder, diese vertraulichen Nachrichten anstatt sie weiterzuleiten selber zu lesen! und noch viel schlimmer! laut vorzulesen, so dass der Absender anhand seiner „roten Bombe“ (ja, so hieß das damals) ganz leicht von allen, inkl. Gerald und Martina identifiziert werden konnte.
Schlimm, richtig schlimm. Gemein.
Leider gibt es in der aktuellen Situation zu diesem Adrenalinkick nicht wirklich eine attraktive Alternative. whatsappen ist kein Ersatz!
Wie das Wort Distanzunterricht schon sagt: Die Kinder werden damit auf Abstand zu vielen Erlebnissen gehalten, die exklusiv dem Schulleben vorbehalten sind, was der allgemeinen Schulpflicht natürlich ihren Reiz nimmt.
Wobei der Lockdown z.B. für Grundschulkinder auch Vorteile hat:
Es kann nämlich zur Zeit niemand aus der 4a vor die Tür gestellt und dann zur Strafe für den Rest der Stunde in die 4b geschickt werden, wo der doofe Michael nur drauf wartet, einen vor der ganzen Klasse mit hämischen Grimassen bloßzustellen.
Grimassen, die nachts in gruseligen Träumen zusammen mit dem schrecklichen Gelächter der 4b noch tausend mal schlimmer wieder auferstehen. Uuuuuh.
DingDängDangDonnng
Hui, Zeit schon rum? Wie jetzt, der Text ist sowieso zu lang? Ja, genau.
Na, dann mal einpacken und wie gehabt alles runterfahren.
Ich muss eh los – hab vergessen das Rad abzuschließen.
Tschüss und bis die Tage
PS.
Noch eine Info an die Freude, das Lachen und die Zuversicht:
Ihr habt Präsenzpflicht!!